Montag, 10. September 2012

Rente ist keine Frage der Demografie

Quelle: www.tagesschau.de (http://www.tagesschau.de/inland/altersarmut132.html)

Sozialforscher zu Altersarmut

"Rente ist keine Frage der Demografie"

Von der Leyens Modell helfe nicht als Mittel gegen Altersarmut, sagt Sozialforscher Christoph Butterwegge gegenüber tagesschau.de: "Das ist reine Augenwischerei." Nur eine ganz kleine Gruppe Menschen würde damit überhaupt erreicht werden. Und mit Demografie habe das Rentenproblem schon gar nichts zu tun.
tagesschau.de: Ist die Aufregung beim Thema Rente berechtigt?
Christoph Butterwegge: Auf jeden Fall. Frau von der Leyen hat alarmierende Zahlen veröffentlicht, die in der Tendenz stimmen. Allerdings müsste ihr das Problem schon lange bekannt sein. Ich wundere mich, dass Krokodilstränen vergossen werden, nachdem fast alle im Bundestag vertretenen Parteien mit der Riesterreform einen Reformprozess eingeleitet und unterstützt haben, der die Altersarmut vermehrt.
Mich stört auch, dass so getan wird, als handle es sich um ein Zukunftsproblem. Es ist auch heute schon untragbar, wenn allein fast 120.000 der Menschen über 75 Jahre zusätzlich zu ihrer Rente einen Mini-Job ausüben müssen, um leben zu können.
tagesschau.de: Es heißt häufig, die Überalterung der Gesellschaft sei schuld an der Rentenproblematik. Was ist dran an dieser These?
Butterwegge: Die Entwicklung der Rente hat wenig mit der demografischen Entwicklung zu tun. Allerdings wird immer so getan, als handle es sich hier um ein Naturereignis: Wenn die Gesellschaft kollektiv altert, müssten die Renten sinken oder die Beiträge drastisch steigen. Das ist aber eine politische Milchmädchenrechnung. Denn die Höhe der Rente ist keine Frage der Biologie: Wie alt ist die Gesellschaft? Sondern erstens eine Frage der Ökonomie: Wie groß ist der gesellschaftliche Reichtum zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rente bezahlt werden muss? Und zweitens eine Frage der Politik: Wie wird der ja weiter wachsende gesellschaftliche Reichtum auf die einzelnen Schichten und Altersgruppen verteilt?
Die Demografie fungiert als Mittel der sozialpolitischen Demagogie, weil eine Entwicklung als zwangsläufig dargestellt wird, die politisch gestaltbar ist. Wenn das Bruttoinlandsprodukt steigt - alle vorliegenden Prognosen besagen das - und wenn die Bevölkerungszahl gleichzeitig abnimmt, dann ist ein größerer Kuchen auf weniger Menschen zu verteilen. Für alle müsste genug Geld da sein. Es ist aber ungerecht verteilt, und zwar nicht zwischen den Generationen, sondern innerhalb jeder Generation.
tagesschau.de: Aber das Problem bleibt doch, dass immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner finanzieren müssen?
Butterwegge: Das gelingt ihnen dann ohne Schwierigkeiten, wenn die Arbeitsproduktivität steigt und damit der gesellschaftliche Reichtum - gerade von mir mit einem Kuchen verglichen - wächst. Wer schon mal den Kuchen für einen Kindergeburtstag gebacken hat, weiß: Wird die Torte größer, die Zahl der Besucher aber kleiner als erwartet, ist für jedes Kind ein größeres Tortenstück da.

"Demografie-Prognosen ähneln der Kaffeesatzleserei"

tagesschau.de: Die Demografie spielt also überhaupt keine Rolle?
Butterwegge: Nein. Hinzu kommt, dass viele Prognosen von Bevölkerungswissenschaftlern an Kaffeesatzleserei erinnern. Denn manche Demografen schreiben gegenwärtige Trends einfach fort und wundern sich später, dass ihre Voraussagen nie eingetroffen sind. Wenn ein Demograf im Jahr 1950 Aussagen über die Bevölkerungszahl und Altersstruktur der Bundesrepublik im Jahr 2000 gemacht hätte, hätte er vollkommen daneben gelegen. Er hätte den Pillenknick, die Entwicklung zur Single-Gesellschaft und die Wiedervereinigung nicht berücksichtigen können. Für mich verbirgt sich hinter solchen Prognosen vielmehr der Versuch, den Menschen Angst zu machen, um sie für bestimmte Reformmaßnahmen zu gewinnen, die nicht ihren Interessen entsprechen.
tagesschau.de: Wer hat davon etwas?
Butterwegge: Die private Versicherungswirtschaft, Banken und Finanzdienstleister. Es wird der Eindruck erweckt, aufgrund der Alterung der Gesellschaft könne die gesetzliche Rente keine Sicherheit mehr bieten und jeder müsse privat vorsorgen. Wer kapitalgedeckte Renten verkauft, profitiert von demografischen Horrorszenarien, die auch die Rentenpolitik der vergangenen Jahre sehr stark beeinflusst haben.

"Altersarmut per Gesetz"

tagesschau.de: Was ist dann ausschlaggebend für die wachsende Altersarmut?
Butterwegge: Die rot-grüne Koalition hat kurz nach Jahrtausendwende sogenannte Dämpfungsfaktoren - oder besser: Kürzungsfaktoren - in die Rentenanpassungsformel eingebaut. Dadurch wird das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 um etwa ein Viertel gesenkt. Wenn das geschieht, bekommt natürlich eine zunehmende Zahl von Menschen nur noch Mini-Renten. Ich nenne es Altersarmut per Gesetz. Man hat damit in erster Linie die Arbeitgeber entlastet, aber nicht darauf geachtet, dass ein Mensch nach vielen Jahren Erwerbsarbeit auch Anspruch auf eine angemessene Rente hat.
tagesschau.de: Kann die von Ursula von der Leyen vorgeschlagene Zuschussrente dieses Problem lösen?
Butterwegge: Die Zuschussrente ist reine Augenwischerei, weil sie am eigentlichen Problem nichts ändert. Sie würde nur eine ganz kleine Gruppe von Menschen überhaupt erreichen. Und auch bei diesen wenigen würde sie effektiv nichts gegen Altersarmut ausrichten: Denn von der geplanten Aufstockung auf 850 Euro brutto im Monat sind noch Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten. Es bleiben am Ende nur noch 764 Euro im Monat. Davon kann man in Deutschland nicht leben, ohne arm zu sein.
Fragwürdig ist auch, dass bestimmte Gruppen wie Langzeitarbeitslose gar nicht in den Genuss des Rentenzuschusses gelangen würden, weil lange Pflichtbeitragszeiten als Voraussetzung festlegt wurden und für Hartz-IV-Bezieher keine Beiträge mehr in die Rentenversicherung gezahlt werden. Auch dass Menschen mit Kindern bei der Zuschussrente bevorzugt werden, erschließt sich mir nicht. Denn die haben wenigstens eine Chance, von ihrem Nachwuchs etwas Geld zugesteckt zu bekommen.

"Gesetzliche Rentenversicherung wurde demontiert"

tagesschau.de: Ist das Modell der beitragsfinanzierten Rente für die Zukunft überhaupt noch realistisch?
Butterwegge: Ja, absolut. Ich würde am Sozialstaat, an den Sozialversicherungen als dessen Kern und auch an der gesetzlichen Rente festhalten. Von einer steuerfinanzierten Grundrente, wie sie jetzt diskutiert wird, halte ich nichts. Denn die wäre noch viel niedriger, weil sie ja an alle bezahlt werden müsste. Falls sie nicht an alle gezahlt würde, wäre es eine bedarfsgeprüfte Sozialleistung. Die gesetzliche Rente ist aber kein Almosen, sondern die Anerkennung von Lebensleistung, weil sie auf der Zahlung von eigenen Beiträgen beruht. Damit ist sie übrigens auch verfassungsrechtlich geschützt.
Allerdings wurden der Sozialstaat und die Gesetzliche Rentenversicherung zuletzt von Bundesregierungen unterschiedlicher Zusammensetzung systematisch demontiert. Und das Ergebnis, die zunehmende Altersarmut, lastet man jetzt der Gesetzlichen Rentenversicherung an. Das ist eine politische Sündenbockstrategie.

"Private Vorsorge ist keine Alternative"

tagesschau.de: Bräuchte es Ihrer Meinung nach gar keine private Altersvorsorge?
Butterwegge: Die private Altersvorsorge ist keine Alternative zur gesetzlichen Rente und auch keine gute Ergänzung, weil kapitalgedeckte Altersvorsorge vor allem dazu führt, dass Versicherungen, Banken und Finanzdienstleister höhere Gewinne machen. Die Krisenhaftigkeit der Finanzmärkte ist uns deutlich vor Augen geführt worden. Ausgerechnet dort Geld für das Alter anzulegen, birgt ungeahnte Risiken.
Die umlagefinanzierte gesetzliche Rente ist die bessere Art, fürs Alter vorzusorgen, und müsste stärker gefördert werden. Stattdessen ist sehr viel Geld in die kapitalgedeckte Vorsorge geflossen. Wären beispielsweise die rund 45 Milliarden Euro, die der Staat und die Versicherten in die Riesterrente gesteckt haben, in die Gesetzliche Rentenversicherung geflossen, würde es ihr gelingen, die Menschen vor Altersarmut zu schützen.
tagesschau.de: Was wäre Ihre Strategie gegen Altersarmut?
Butterwegge: Die Dämpfungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel müssten rückgängig gemacht werden. Also der sogenannte Riesterfaktor, der Nachhaltigkeitsfaktor und der Nachholfaktor. Auch die Rente mit 67 müsste wieder abgeschafft werden, denn auch das ist eine verkappte Rentenkürzung. Außerdem müssten die Löhne steigen. Das Problem bei den niedrigen Renten ist ja, dass der Niedriglohnsektor weiter wächst und es immer mehr Leiharbeit, Werkverträge und Mini-Jobs gibt. Stattdessen bräuchten wir mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Dafür sollte Frau von der Leyen sorgen.
Das Interview führte Sandra Stalinski, tagesschau.de






Dienstag, 20. Dezember 2011

Dienstag, 8. November 2011

Die Infantilisierung der Gesellschaft schreitet fort

War bis vor Kurzem der gute alte Gummistiefel noch den Kindern und den Bauern vorbehalten, so tun neuerdings trendige junge Frauen mit, sobald auch nur drei Regentropfen fallen. Je quietschebunti um so besser. Jene von London bis Rom anerkannte Regel der Zivilisation, das schlechte Wetter als solches anzuerkennen und ihm in Würde zu begegnen, und zwar mit einem dezenten Regenschirm und Unterstand suchend, wurde für nichtig erklärt und stattdessen der Regen umdefiniert und auch noch zum Event erklärt. Denn man lässt sich ums Verrecken nicht das Gut-Drauf-Sein verderben. Aber es musste ja so kommen, nachdem es Bommelmütze und Fausthandschuhe vorgemacht haben: was wir als Zwölfjährige noch verachteten, und zwar zu Recht, weil wir nicht mit unseren jüngeren Geschwistern gleichgestellt werden wollen, ziehen diese sich seit einigen Wintern die Stricksachen ganz freiwillig über Ohren und Hände. Als nächstes wird bestimmt der Hosenträger aus den Kinderzimmern gezerrt. Das Gräuslichste ist: während in London und Rom der Gummistiefel in spätestens zwei Jahren durch ist (ähnlich wie der Birkenstocklatsch, vor dem man eines, zwei Sommer lang nicht mal in Barcelona sicher war), wird er in Berlin von jetzt an für die nächsten 50 Jahre zur Grundausstattung gehören, denn er ist bekanntermaßen PRAKTISCH.

Dienstag, 23. August 2011

Alle unsere frühen Schlachten - Herr Ingendaay belustig sich über die Laizisten Spaniens


Beide Lager haben sich eingebunkert.“ Die Bezeichnung des Sujets ist trotz der martialischen, kriegerischen Bestimmung auch dann gut gewählt, wenn es überraschender Weise nicht um die derzeitige Auseinandersetzungen der türkischen Regierung mit der PKK, die Erstürmung von Tripolis, oder die schon etwas verblasste Schuldendebatte zwischen Republikaner und Demokraten  geht: Paul Ingendaay schrieb am 18.08.2011 in der FAZ über den Papstbesuch zum Weltjugendtag in Madrid. Wer nun auf eine journalistische Beschreibung der Auseinandersetzung hofft, muss sich gedulden. Wer hofft, auf eine offene und diskutierbare Parteinahme zu treffen, muss genauer lesen.

Herr  Ingendaay stilisiert die Auseinandersetzungen zu einem lächerlichen Kulturkampf hoch, der, überholt und antiquiert, trotzdem nahezu alle Teile der Politik umfasst. Es sei ein „Gespensterkampf steinalter Prinzipien und eine historische Rechthaberei, die nicht vergehen will.“ Er hat nichts verstanden, oder es eben nicht verstehen wollen: Es ist kein Kulturkampf. Vielleicht und allerhöchsten von der Rechten, aber vor allem ist es eine Auseinandersetzung um eine zivilisatorische Errungenschaft, den laizistischen Staat. In Spanien ist der Staat per Verfassungen akonfessionell, aber in der Realität ist der Trennung von Kirche und Staat noch nicht voll durchgesetzt.
Dies und nichts weiter ist Konsens in der politischen Linken: Der laizistische Staat. Es war die Linke, die in den letzten Jahrzehnten gelernt hat, den militanten Atheismus aus ihrer Agenda zu streichen und das Religiöse als privat anzuerkennen. Trotzdem bleibt ein trotziger und notwendiger „Antiklerikalismus“ der in gesellschaftlich institutionalisierten Bündnissen von reformierten Mehrheitsgewerkschaften bis hin zu gemäßigten Anarchisten alles umfasst, was gemeinhin als Linke bezeichnet wird. Und es ist nötig, dass diese Stimme sich Gehör verschafft, wenn man sich anschaut, was in diesen Tagen in Madrid und anderen Städten Spaniens passiert – die Städte werden vollgemacht mit von vor Unvernunft strotzenden Jugendlichen, christlichen Hasspredigern, Pinguinen, Teufelsaustreibern und religiös-fundamentalistischen Attentätern. In Madrid wurden von der Stadtregierung (rechter Flügel der PP) öffentliche Gebäude genutzt um für den Papstbesuch zu werben. 

 
Da reicht es eben nicht aus, die Verlautbarungen von Papst Benedikt XVI. „über die Laisierungstendenzen der spanischen Gesellschaft“ zu kritisieren, selbst wenn zu Recht  auf den Vorsitzende der Spanischen Bischofskonferenz, Antonio María Rouco Varela, verwiesen wird: Dieser „sprach sogar von einem neuen „Kreuzzug“, den es unter den spanischen Jugendlichen anzuregen gelte, und allein der Begriff verrät eine gewisse historische Stillosigkeit, weil die spanische Kirche das Wort auch nach ihrer Parteinahme für den Putsch der rechten Militärs und die aktive Unterstützung der Repression im und nach dem Spanischen Bürgerkrieg verwendet hat. Die Opfervereinigung „Asociación de la Memoria Histórica“ hat den Erzbischof von Madrid bisher vergeblich aufgefordert, zur komplizenhaften Rolle des spanischen Klerus unter der Franco-Diktatur Stellung zu nehmen.“  Denn wer dann auf  „den Mord an vielen tausend (sic.!) Geistlichen durch die Linke“  als vermutlich pluralistischen Ausgleich verweist zeigt an, dass zu Gunsten eigener Ideologie Geschichte umgeschrieben werden muss.
Ingendaay denunziert nur oberflächlich den Kulturkampf als lächerlich. Er meint und er trifft die Linken. Er muss wissen, dass in Barcelona im Mai 2011 die Gegner nicht unbedingt behindert wurden – eine weitere Facette im classico Madrid-Barcelona, während die Madrider Stadtregierung  Metros in der Nacht fahren lässt, ohne Abstimmung mit dem Betriebsrat, und auf diese Weise die „billigen Metrotickets“ produziert. 
 
Konsequenter Weise greift Herr Ingedaay dann auch noch die Tageszeitung „Publico“ an. Er beschuldigt diese, nicht den „Auftaktgottesdienst auf die Titelseite nehmen“. Dabei ist das doch völlig korrekt. Auf die Titelseite gehören Themen wie die Wirtschaftskrise, die Arbeitslosigkeit und vor allem die Auseinandersetzungen um die  laizistische Demonstration in Madrid.

Auch wenn die Beweisführung schon erdrückend ist, einer geht noch: „Dann, das religiöse Ereignis koste die Steuerzahler Geld. Das sagten allerdings dieselben Leute, denen die Steuergelder für großes Polizeiaufgebot, Helikopter und Reinigung öffentlicher Anlagen in den Tagen der spanischen Protestbewegung ziemlich gleichgültig waren und denen man mit dem Anliegen der tributpflichtigen „Allgemeinheit“ nicht hätte kommen dürfen.“ Wer hier gleichsetzt, befindet sich weit jenseits des Grundverständnisses einer bürgerlichen Demokratie. Gewollt oder nicht, die Parteinahme ist nicht länger hinter der verschwurbelten Kritik des Konfliktes als Konfliktes zu verbergen.

Spanien macht seine bürgerlich-demokratische Revolution in vielen einzelnen schmerzhaften Schritten durch und das nun mittlerweile seit 300 Jahren. Auch den Bürgerkrieg muss man als eine solche Auseinandersetzung interpretieren. Und jener Bürgerkrieg wurde zwar als bewaffneter politischer Konflikt vor 72 Jahren beendet, aber die gesellschaftlichen Akteure existieren weiter. Zumindest die Linke hat es geschafft ihre politische Aktion weitestgehend in demokratischen Bahnen zu lenken, bei der Rechten kann man sich da nie sicher sein.

Die Rechte baut heutzutage immer noch auf den Obrigkeitsstaat, der klassistisch aufgebaut ist und keine Klassendurchlässigkeit kennt, da Macht, Geld und Einfluss immer noch hauptsächlich vererbt und nicht erarbeitet werden. Im Übrigen wird genau diese Form der halbfeudalen Klassengesellschaft von der spanischen katholischen Kirche propagiert. Es bleibt zu erwarten, dass die antiklerikalen Impulse heutzutage und die Bewegung des 15-M zusammen mit anderen Kräften der Gesellschaft die bürgerlich-demokratische Revolution in Spanien sobald wie möglich vollenden helfen!

Dann können Leute wie Antonio María Rouco Varela, Mariano Rajoy Brey, José María Aznar und wie sie alle heißen vor allem eins: Einpacken! Ach ja: Und Paul Ingendaay hat sich offensichtlich auch entschieden. Nicht genug, dass er als Herausgeber einer trottligen, Real Madrid verklärenden Ekelschmonzette fungierte, deren Titel nicht nur furchtbar radebrechend daher kommt, sondern auch noch alles hält was er verspricht (Alle unsere frühen Schlachten), am 18.8.2011 hat die FAZ dokumentiert, wessen Geistes Kind er ist.

Mittwoch, 1. Juni 2011

Brote kann man nicht waschen

Kommentierte Kommentare zu EHEC (zusammengetragen bei tagesschau.de)
Der deutsche Schnelldenker lässt sich nicht für dumm verkaufen. Er ist es nämlich schon gratis. Und beweist dabei überraschend großen Unterhaltungswert:
(Ich betone, ich habe nichts gekürzt oder aus dem Zusammenhang gerissen, lediglich Hervorhebungen und Kursives sind von mir)
„Ich möchte gerne die Aufmerksamkeit auch auf die Frage lenken, wieso es in den vergangenen Jahren zu einer solchen Zunahme von multiresistenten, und damit oftmals tödlichen Erregern (Vogelgrippe, Schweinepest, EHEC etc.) kommt. Meiner Meinung nach hängt dies mit dem immer hemmungsloseren Einsatz von Antibiotika in der zeitgemäßen Viehwirtschaft zusammen. Wer überprüft hier schon lückenlos die entsprechenden Gaben? So ist es doch gar nicht verwunderlich, wenn die Erreger, inzwischen mutiert, in die Gülle gelangen – wenn schon Boden in der heutigen Landwirtschaft mit Exkrementen vergiftet wird. Sogar die Krankenhaushygiene erreicht wegen der multiresistenten Keime ihre Grenzen – ein Thema, dass oft genug durch die Presse geht. Wer davon profitiert, überlasse ich an dieser Stelle Ihrer Eingebung und bedauere wieder die überflüssigen Todesfälle. Aber wieder zeigt sich, dass der Lobbyismus hierzulande Wurzeln geschlagen hat, die kaum woanders denkbar wären.“ Ganz meiner Eingebung überlassen fällt mir die Pharmaindustrie ein, die - perfide wie sie nun mal ist - hier einen doppelten Reibach macht: erst werden die Antibiotika an die Landwirte verkauft, dann (mit Hilfe der offensichtlich dann doch mit ihnen unter einer Decke steckenden Landwirte??) die mutierte Gülle auf die Felder geschüttet und dann die überflüssigen Toten mit Antibiotika teuer behandelt. Ich vermute dass die sich den Gewinn mit den Landwirten teilen, die ja übrigens auch doppelt abkassieren - Stichwort Entschädigungszahlungen! Ja, diese Theorie ist schwer zu toppen... und nur in Deutschland denkbar, genau. Eins nur verstehe ich nicht: WER profitiert von den multiresistenten Keimen in den Krankenhäusern?? Die Putzmittelindustrie jetzt???
Mal was ganz Neues ist auch diese Verschwörungstheorie: „Waren krebserregende Umweltgifte, wie Dieselpartikel, die Auslöser der Mutation? Seltsam dass keiner den Auslöser suchen will. Dabei ist das so simpel. Stecken mächtige Konsortien dahinter die die Ursache im Nebel unklarer Übertragungswege absaufen lassen wollen? Wenn ich es richtig verstanden habe, wurden von den mächtigen Konsortien (Israel/die USA?? – hier lässt uns der Autor/ die Autorin im unklaren Nebel absaufen!) geklonte und antibiotikaresistente Dieselpartikel verstreut um Killerbakterien zu züchten, ich nehme mal an um uns Deutschen mal wieder eins auf die Mütze zu geben.
Das hier habe ich auch nicht gewußt: „während in norditalien die kunden einweghandschuhe verwenden welche in den supermärkten ausliegen, ist in deutschland niemand bereit -wahrscheinlich aus profitgier- solche hierzulande in obstabteilungen anzubieten.“ Darum haben sich übrigens auch die Spanier nicht an ihren Gurken infiziert: wie man weiß hat dort die Einweghandschuhmafia den Fuß fest in der Tür. Das sind übrigens dieselben die auch die Plastikplanen für die Gewächshäuser in Almeria herstellen, so schließt sich der Kreis. Hää?? Also nochmal von vorne: die Einweghandschuhindustrie hat aus Profitgier keine Geschäfte mit den Deutschen am Laufen weil die immer so ökologisch sind und dann wohlmöglich auch noch eine Zusatzplastiksteuer verlangen, was aber in Norditalien unter Berlusconi nicht passieren kann, bekanntlich sitzt er im Einweghandschuhherstelleraufsichtsrat. Hääääää?? Also irgendwie krieg ich´s nicht ganz zusammen. Festzuhalten ist jedenfalls die frappierende Tatsache dass die spanische Einweghandschuhindustrie noch profitgieriger ist als die spanische Obst-und Gemüseindustrie, Gurken und Gen-Tomanten hin oder her, denn deren Handschuhinteressen setzen sich durch bis in den kleinsten spanischen Gemüseladen!
„EHEC 104 ist ein Klon von zwei anderen Typen, und natürlich darf man bei der Sachlage die Quelle nicht finden. Gleiches galt übrigens für die Anthrax-Briefchen, die man vor Freigabe des Irakkrieges immer mal wieder verschickt hatte. Einige Quellen sprachen von Spuren, die ins Pentagon führen. Aber Genaues weiß man natürlich nix, wie auch, hahahaha, wenn die "Nationale Sicherheit" in "Gefahr" ist?“ Hab ich doch gleich gesagt: die Spur führt in die USA/Israel! Hahahaha. Ich glaube allerdings einigen Typen in diesem Tagesschauforum haben sie auch schon die Gehirne zusammengeklont.
Hier allerdings scheint mir doch eher schlüpfrig Verborgenes aufzubrechen: „Bei Obst und Gemüse geht es meist sogar noch, weil man diese Lebensmittel waschen kann. Dennoch ist es eklig, vor allem wenn man weiß, daß sich sehr viele Menschen die Hände nach dem Naseputzen oder dem Besuch auf dem Örtchen nicht waschen.“ Besonders die Gurken: Wer weiss wo die sich andere Leute so überall hinstecken, ohne hinterher abzuwaschen... „Schlimmer ist es bei Brot und Brötchen, die lose in Fächern mit Deckel angeboten werden. Trotz ausliegender Greifzangen und Handschuhen (Wieso jetzt die doch? Ich bin verstört!!) grabschen viele Leute mit bloßen Händen hinein und suchen sich Teile aus.“ Skandal! Ich habe sogar schon mal gesehen dass Leute ohne Plastikhandschuhe Treppengeländer, Schanktische und Bankautomaten angegrabscht haben!!! „Ich spreche die Leute immer an und kriege jedesmal Vorhaltungen gemacht (was geht denn SIE das an?) oder es wird sich verärgert herausgeredet (habe ja nur mein Brötchen angefaßt). Niemals aber ist Einsicht erkennbar. Brote kann man nicht waschen. Wurden Brote jemals als Träger von EHEC-Keimen untersucht?“ Solche dummen wie du wahrscheinlich nicht. Die will nämlich keiner freiwillig anfassen, hähä.
Gallopieren wir lieber weiter:„Es nähert sich alles wieder dem Mittelalter. Keine Rente, ist man ernsthaft Krank, steht man kurz vor dem Tod (frappierende Erkenntnis: das war tatsächlich auch im Mittelalter schon so!!), und die Industrie macht das Licht aus." Die Bestattungsindustrie? Naja, irgendwer profitiert halt immer.
Aber wer jetzt meint, er hätte schon alles begriffen, irrt sich gewaltig: „Nein, Ursache ist der Mensch und die Überbevölkerung der Erde. Die Natur versucht sich nur zu wehren wird aber von unserer Medizin immer wieder Überlistet. Und jetzt: die überraschende Lösung: „Helfen können nur eine Globale Geburtenkontrolle. Sind denn zwei Kinder pro Familie nicht genug?“ Ich würde sagen, vier Deutsche sind natürlich dümmer als zwei Deutsche, in dem Sinne: 0 Kinder reicht völlig!!

Montag, 7. Februar 2011

Fragen und Antworten eines lesenden Arbeiter I

/"En un mes hemos jugado nueve partidos. Para jugadores que están habituados a hacerlo no es un problema. Pero estos jugadores no están acostumbrados a hacerlo. Hace un par de años largos que el Real Madrid es eliminado en Copa a la primera. Hace seis o siete años que a la primera eliminatoria de Liga de Campeones están fuera también. Son jugadores habituados a jugar un campeonato nada más" José Mourinho/

Karl Valentin diktierte Liesl Karstadt mal einen Brief an einen Herr, den zu mögen er aufzugeben beabsichtigte. Also sagte er: "Schreibens: Sehr geehrter Herr. Nein, wartens, nicht geehrter, streichns des." Liesl Karstadt daraufhin: "Aber dann heisst es ja: Sehr Herr!" Valentin: "Und mehr ist diese Person auch nicht wert!" Und sehen sie, Herr Mourinho genau dieses gilt auch für sie:

Sehr Herr Mourinho,
Was genau wollten sie uns denn mit ihre bemerkenswerten Kleinod schöpferischen Unfugs kundtun? Dass Real Madrid heute so furchtbar grottet, weil sie dies schon seit Jahren tun? Dass sie nicht so klug sind, weil sie dumm sind? Dass sie nicht so viel essen können, weil sie die Jahre zuvor schon darbten? Dass sie nicht schwimmen können, weil das Wasser nur 1,65 tief ist? Ist`s womöglich aber auch nur ein dialektischer Versuch, ihr gähnend langweiliges   Fussballverhinderungsleben in Legitimation zu pressen, die allerdings gar nicht nottut, da schließlich die Welt so prall gefüllt ist, mit Hornochsen wie ihresgleichen, die für richtig halten, was zu erzwingen sie sich jede Woche erdreisten. Wobei, der eigentliche Skandal ist doch, dass ihre diesbezüglichen "Leistungen" in der sogenannten Sportpresse verhandelt werden, und nicht in der ZIS (Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik), wo der Quark eigentlich hingehört.
Oder fehlen einfach die sonst üblichen Feinde? Schiedsrichter? Wetter? Sportdirektoren? Journalisten? Der Barca? Die Katalanen? Die Kommunisten? Und es war vielleicht nur ein schlecht getimetes Ausweichmanöver?

Nein! Sie sind im richtigen Verein. Ein Verein, der zumindest seit dem Sieg Francos über die gewählte republikanische Regierung, sich im Größenwahn verstiegen hat. Ein Verein, der genau wie die Herren Spaniens glaubten, dass ihnen die Welt gehört und ihnen zu Füßen liegt. Herren, die unter völligem
Realitätsverlust leiden. Männer, die die Republik angreifen, das Gute und Schöne in der Welt und im Menschen, und sich dann von den Freimaurern, Juden, Marxisten und Katalanen verfolgt fühlen. Männer, die niemals für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden wollen, und die Schuld bei anderen
suchen. Idioten wie sie.

Freitag, 31. Dezember 2010

Das unsichtbare Visier (I)

Das Nerv tötende und geradezu brechend Lästige an der nun nicht gerade unnützen Einrichtung Internet ist, das man, abweichend von anderen sinnvollen Alltagshilfen wie fließend Wasser aus der Wand und Licht im Kühlschrank, ständig gezwungen wird, eine Meinung dazu zu haben.

In meiner viel zu knappen Mittagspause, freut sich der mir Gegenübersitzende über die „investigativen Veröffentlichungen“ von Wikileaks im Sinne der Transparenzwerdung von Politik im Allgemeinen“. Zudem feierte er die erfreuliche Tatsache, dass sich die arabische Welt in ihrer Ablehnung des "Irren von Teheran" (FAZ, Bild und alle anderen) weder hinter Israel noch den USA zu verstecken raucht. Dies sei nicht nur ein Riesenjux, lang ersehnte Genugtuung nebst Bestätigung für Israel, sondern vermag demnach die politische Ordnung im Nahen Osten vielleicht sogar gehörig durcheinander zu bringen. Naja. Um Missverständnissen vorzubeugen. Mein Gegenüber formuliert üblicherweise von mir hochgeschätzte, vernünftige Kritik an den herrschenden Verhältnissen.

Soweit so gut, der subversive Witz liegt auf der Hand, warum nicht darüber lächeln, in der so knapp bemessenen Mittagspause. Und dennoch. Es muss drauf bestanden werden, dass es letztlich doch nur boulevardesker Kram ist, der sich da zum Rang einer Nachricht erhebt. Oder? Bei aller Peinlichkeit, aber wo genau liegt das Verbrechen verborgen, wenn schlecht aussehende Junggebliebenliberale mit knödelfliegen in ihrer unbegrenzten Liebe zu "Amerika" (Kohl und Metzner)) nichts anderes tun, als hinter dem Rücken ihrer Vorgesetzten über diese und vor allem deren politischer Unbedarftheiten zu lästern?

Wo liegt das Vergehen? Im Krieg gegen die sozial Schwachen, der sich in ganz Europa austobt? Mit einer Sozialdemokratie an der Spitze, die dabei ist, völlig geschichtsvergessen und ohne Not nicht nur nicht den per se inhumanen Charakter von zeitgenössischer Politik unterm Joche rasend rücksichtsloser Kapitalverwertung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen oder wenigstens bloßzustellen. Stattdessen forciert sie diesen Wahnsinn mit dem Raub der nur schwer errungenen Restbürgerlichkeit durch die faktische Entwertung des bürgerlichen Notstandes, wie aktuell in Spanien zu besichtigen. Dass sich die spanische Regierung damit der Zustimmung größerer Teile der Bevölkerung erfreuen kann, zeigt noch deutlicher den Verrat, als den Opportunismus an die Masse.

Welche Bedeutung hat angesichts dieser Verwerfungen das Statement belangloser Staatsdiener, Hinterbänkler und meinetwegen auch ernstzunehmender Regierender über ihresgleichen und ihre charakterlichen Zuschreibungen.

Geschenkt.

Jetzt fällt es natürlich schwer, dieser "Revolte im Netz" (sueddeutsche) jegliche Sympathie zu verweigern. Aber das erspart nicht die Kritik. Denn die Veröffentlichungen folgen der Logik der Medien-Kamarilla. Dies gilt für das Material, wie für den Zeitpunkt der Veröffentlichung gleichermaßen. Gleichwohl es ein Zeichen für die intellektuelle Verrohung unserer Zeit ist: es scheint offensichtlich ein beträchtlicher, bis dato unbekannter Skandal zu sein, dass im Krieg Zivilisten ermordet werden, Menschen völlig enthemmt und entmenscht entweder Befehle erteilen oder welche ausführen, unter Preisgabe jeglicher Humanität, oder gar aus eigenem „Antrieb“ Grausamkeiten begehen. Im Westen was Neues? Und jetzt? Kein bisschen zynisch bleibt zu fragen, welcher Nutzen sich für die "Guten" jetzt ergibt. Ich kann ihn nicht einmal im Politischen erkennen. Der Krieg bleibt. Die Nachricht über Kriegsverbrechen auch. Auch wenn direkter Nutzen nicht immer Indikator klugen Handelns sein muss, die Logik von Wikileads folgt der Logik des
Skandals. Information und Aufklärung wird der Sensation geopfert. Denn sonst müsste die Adresse der veröffentlichten Dokumente und Nachrichten eine bürgerliche Generalstaatsanwaltschaft sein. Erst wenn diese versagt, muss alternatives Handeln erfolgen. Doch diesen Versuch gab es nicht. Aber was genau ist die Konsequenz, die sich daraus ergibt? Soll die etwas schrullige Brotfachverkäuferin bei mir um die Ecke mit ihrem jetzt erworbenem Wissen tätig werden? Und wenn ja, wie?

Widerstand im Internet ist nichts per se Kluges und Richtiges. Wieso sollte sich das Internet von der Straße unterscheiden? Nicht jede Angestellte, die aus Wut über eine ausgebliebene Gehaltserhöhung die privaten E-Mails ihres Chefs herum schickt, muss für Rosa Luxemburg gehalten werden. Sie könnte auch Leserreporterin bei der Bildzeitung sein.
Selbst wenn wir derlei Aktionen unter Sabotage verbuchen, schiene mir das, sagen wir, Entern und Bereinigen eines Abschiebecomputers der Ausländerbehörde sinnvoller als die doch eher kindische Dumm-Freude an der Denunzierung irgendwelcher Botschafter.

Aber neben der ewig öden Frage, ob das Internet nun Fluch oder Segen sei(die schon deswegen öde ist, weil das Internet selbst im Fall, es würde als Fluch gekennzeichnet, ja deshalb nicht abgeschaltet würde, es ist, wie der quälende Stoffwechsel, nun mal da), gibt es ja auch noch Fragen von wirklicher Dringlichkeit:

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z.B. was uns Wenige, die über geblieben sind und sowohl olle Heym als auch Menotti (wenigstens teilweise) schätzen, daran hindert, diesem ekeligen, widerwärtigen, fratzenziehenden Dummdödel von Ronaldo einfach mal veritabel eine in die Fresse zu hauen, um uns dann, vom Blutenden desinteressiert abgewandt mit dem Lobpreisen des Barca zu begnügen.

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z. B. was diese elende Pflicht zum Schneeschaufeln soll, wo doch alle Welt aus Erfahrung weiß, dass es sich auf ein bisschen Schnee viel sicherer und angenehmer wandern lässt als auf den überfrorenen Schneeresten, die bei 90 Prozent aller Schneeschippbemühungen zuverlässig liegenbleiben (gestern Nachmittag wär ich auf dem Weg Bahnhof deswegen fast zweimal hingeschlagen!).

Samstag, 3. Juli 2010

Montag, 14. Juni 2010

Der Tauschwert