Mittwoch, 3. September 2008

Volksdummheiten (I)

So genannte Volksweisheiten, Sinnsprüche, etc. haben sich über Jahrhunderte tief in der Seele des deutschen Volkes erhalten. Dabei werden Arbeit und Ehrlichkeit abgefeiert und komplizierte gesellschaftliche Zusammenhänge extrem simplifiziert. Diese Dummheiten sind auch nicht frei von Rachegedanken und nationalistischem und rassistischem Gedankengut. Wissenschaftlich sind diese „Volksgeisteblitze“ nicht haltbar.
Hauptakteure in diesem Geflecht aus Dummheiten und Lügen sind auf der einen Seite „mir“, „uns“ und „der kleine Mann auf der Straße“ und auf der anderen Seite, „die“, „se“ und „die da oben“.

Heute: Der kleine Mann auf der Straße – auch mir und uns

Der kleine Mann auf der Straße ist der immer Betrogene und der ewig zu kurz Gekommene der immer alles zahlt, da schließlich immer die kleinen Leute (Männer!) alles zahlen. Er weiß was eigentlich in Wirklichkeit abgeht, aber keiner hören will, z.B. das Wirtschaft und Politik unter einer Decke stecken.
Er geht davon aus, das früher alles besser war, heute wird aber alles immer schlechter. Der kleine Mann auf der Straße hat gar nichts zu sagen, seine Stimme hat noch nie etwas gezählt, er empfindet sich als Stimmvieh. Er geht nicht wählen, da „se“ ja sowieso alle das gleiche machen. Er fühlt sich von „denen da oben“ ausgenommen, wie eine Weihnachtsgans. Der kleine Mann auf der Straße hat noch vor wenigen Jahren 1,30 DM (DM und nicht Teuro!) für einen Liter Benzin bezahlt. Er verflucht den Euro denn jetzt kostet ja alles so viel wie früher nur doppelt so viel – er geht nicht von einer realen jährlichen Inflation sondern von einer 100%igen Verteuerung aus. Dabei will man doch einfach nur sein Leben leben. Da der kleine Mann auf der Straße gegen die Großkopferten ist hält er zu kleinen deutschen (Arbeiter)Vereinen wie 60, St. Pauli, RW Essen, OFC und andere. Im Europapokal hält er natürlich zu allen deutschen Vereinen. Der kleine Mann
von der Straße traut sich nicht seinen Nationalstolz zu zeigen sondern meckert hinter vorgehaltener Hand, das „mir“ immer noch für damals zahlen, denn einmal muss doch Schluss sein und schließlich was die Juden heute mit den Palästinensern machen, also…
Gleichzeitig weiß er das seit den Neunzigern spätesten aber seit der WM 2006 er auch wieder in der Öffentlichkeit seinen Nationalstolz zeigen kann und darauf ist er echt stolz. Diese Gefühle teilt er mit der großen deutschen nicht rauchende Frau.
Eines wird sich aber nie ändern, er wird im Ausland abgezockt und sogar als Deutscher beschimpft und beleidigt. Dabei war er aber noch nie im Ausland, da es ihn gar nicht interessiert, heute kann er es sich nicht mehr leisten.
Privat verbringt er viel Zeit auf Balkonien – Urlaub!- wo er ein Wagenrad hängen hat. Er kann auf einen Bein nicht stehen und nimmt gerne mal ein Herrengedeck. Er grillt gerne und hat bei sich eine Sitzecke und Holzpanele eingebaut. In der Öffentlichkeit spricht er sehr laut in Mobiltelefone, so er sich die Tarife überhaupt noch leisten kann.
Der kleine Mann von der Straße sagt über moderne Kunst „Das kann ich auch!“

So lebt der kleine Mann auf der der Straße vor sich hin und ist manchmal reaktionär und manchmal progressiv, immer jedoch böse, gemein, engstirnig und kleinherzig, nie jedoch, liberal, großzügig und gut.